Textbeispiele

Hier einige typische Textpassagen aus dem Buch „Jenseits der Leda“

Tacitus – 98 n.Chr.
Auch unterirdische Höhlen graben sie sich, belasten die Wölbung noch mit einer dichten Dungschichte und schaffen sich so eine Zuflucht für den Winter und einen Bergungsort für Lebensmittel. Ein solcher Bau macht die Strenge der Winterkälte erträglicher. Fällt aber der Feind ins Land, so plündert er doch nur was offen da liegt, jene in der Tiefe verborgenen Schätze kennt er entweder nicht oder sie entgehen ihm, weil er sie vorher suchen müsste.

Königlich-Preußisches General-Land-Schul-Reglement – 1763
Wir, Friedrich, von Gottes Gnaden, König von Preußen, tun kund hiermit jedermänniglich zu wissen, demnach wir zu unserm höchsten Missfallen selbst wahrgenommen, dass das Schulwesen und die Erziehung der Jugend auf dem Lande bisher in äußersten Verfall geraten und insonderheit durch die Unerfahrenheit der mehrsten Küster und Schulmeister die jungen Leute auf den Dörfern in Unwissenheit und Dummheit aufwachsen; so ist unser so wohlbedachter als ernster Wille, dass das Schulwesen auf dem Lande in allen unseren Provinzen auf einen besseren Fuß als bisher gesetzt und verfasst werden soll.
 
Geographische Beschreibung des Fürstenthums Ostfriesland 1797
Rhaude. Hierher gehören Holte, die Rhauder und Holter Mohrhäuser, die Malteser Güter Kloster Langholt und Burlage und der Brommelsberg ein Haus. Hier liegt auch die Sternschanze. Das neue Rhauder-Vehn gehört nur so lange hierher bis es sich selbst Kirche und Prediger anschaffen kann. Dies Fehn wurde vermöge einer Königlichen Octroi von 5 Privatpersonen 1769 angefangen und besteht jetzt aus ohngefähr 40 Häusern und hat ohngefähr 30 Schiffe von ½ bis 30 Haber-Lasten groß um den daselbst gegrabenen Torf zu verfahren. Es ist mit einem Kanal versehen der 2 ½ Stunden lang ist und Deiche hat. Eine steinerne und hölzerne Schleuse halten das Wasser zu binnen Fahrt im Fehn auf.
 

Reise in das Saterland – 1800
Ein ganz eigener Zierrat der saterländischen Häuser sind die vielen Schüsseln, die auf einem Brett oder Bört rings um das Feuer stehen. Sie werden nie gebraucht und die Ehre der Frau und Mädchen erfordert, dass sie sehr rein und glänzend gescheuert sind. Sie zeugen von dem Reichtum der Familie, und machen ihren Putz und Schmuck aus. In dem einen Hause zähle ich 36 große Zinnschlüssel und 18 von Steingut, in einem anderen aber 43 Schüsseln von Zinn, und 36 von Steingut. Dieser Putz geht vom Saterländer aus durch Ostfriesland, Holland, bis wieder an die Ems. Hier fand ich in einem Hause sogar sechs zinnerne Nachttöpfe, schön gescheuert, gleich am Eingang hängen, und sich traulich an die Schüsseln anschließen.

Reise durch Frisland, Holland und Deuschland – 1847
Sobald die ostfriesische Grenze von Osten her überschritten wird, verändern sich die Häuser auf einmal, die friesische Bauart beginnt, und die Dörfer liegen recht auf friesische Weise, die weibliche Kleidung ist anders, die Küchen sind anders, die Viehställe anders, alle Häuser haben Schornsteine, aber diese ostfriesischen Häuser sind noch lange keine echt friesischen, sie haben mehr friesischen Anschein, als friesischen Wesen, auch die Ausbaue an den Häusern sind charakteristisch. Die neueren holsteinischen Bauernhäuser sind, merkwürdig genug, nach ostfriesischem Modell gebaut.

Moor-Kanäle und Moor-Colonien zwischen Hunte und Ems – 1847
Das Rhauder Fehn macht gleich beim Ankommen einen sehr heiteren Eindruck. Links neben uns haben wir den Fehnkanal, gedrängt voll von Schiffen, darunter ganz ansehnliche, wohl vierzig Lasten haltend, einige eben neu gebaut, frisch glänzend von der Schiffswerft gekommen, welches dort an der Ecke auf den Kanal stößt. Rechter Hand haben wir Häuser, kleine, große, alle von gutem Ansehen, viele von jungem Datum; doch habe ich weiter hinein auch eines mit der Jahreszahl, ich meine 1767, gesehen. Damals also existierte diese Fehn-Anstalt schon, und wir, denen es doch so nahe läge, solchen Beispielen nachzuahmen, haben, fast 80 Jahre später, noch immer nichts dergleichen.

Aus dem Protokoll einer Kirchvorstandssitzung in der Pfarre zu Potshausen – 1867
Kirchenvorsteher sollen sich vor Gott die Hand darauf geben, am Sonntag keinerlei Arbeit zu dulden in ihrem Hause und von ihren Hausgenossen, und nach Kräften zu helfen, dass auch bei den Dienstboten und Arbeitern das so oft vorgeschützte „Ich muss“ hinweg falle, indem sie ihnen in der Woche Zeit, Gespann p.p. zur Besorgung ihrer Angelegenheiten überlassen; ferner bei keinem Handwerker arbeiten zu lassen, bei keinem Kaufmann Einkäufe zu machen, keinen Wirtsmann im Hause zu dulden, der nach dreimaliger christlicher Ermahnung von seiner Sabbatschänderei nicht lassen will, so wie selbst alle Versuchung zum Kauf und Verkauf, so lockend er oft herantritt mit Ernstigkeit von sich zu weisen. Sie sollen mit Ernst und Liebe ihre Hausgenossen fernhalten von allen ärgernisgebenden Lustbarkeiten und Zerstreuungen, selbst auf die Gefahr hin, dass einzelne Hausgenossen sich trennen vom Hause.

Sagen und sagenhafte Erzählungen aus ‚Ostfriesland – 1869
Radbod – Das war der Friesen tapferster König, von dem noch heute viel Singens und Sagens ist. Gegen Karl den Kaiser kämpfte er wacker, bis er unterliegen musste. Von dem Christentum aber mochte er nichts wissen. Der Bischof Wulfram hatte ihn zwar so weit gebracht, dass er sich taufen lassen wollte, des guten Beispieles halber für die Untertanen. Als aber Radbod bereits mit einem Fuß im Taufbecken stand und den anderen nachziehen wollte, fragte er den Bischoff: „Wo mögen denn aber meine Vorfahren sein, im Himmel oder in der Hölle?“ Wulfram entgegnete rasch: „In der Hölle! In der Hölle!“ und meinte, der König würde bereits die Hölle so abscheulich finden, dass er seine Ahnen darob verlassen könne. Radbod aber zog rasch den Fuß aus dem Taufbecken zurück und sagte: „So will denn auch ich lieber bei meinen wackeren Vorfahren in der Hölle sein, als bei den wenigen Christen im Himmel.“ Sprachs und blieb ungetauft.
 
Die alte Parochie Rhaude – 1877
Die Radde ist ein wunderbar geschlängelter Bach, der aus dem Amt Sögel (Sigiltra) von Bockhorst (Bog-horst = Horst im Moore) kommt, durch die vormalige Johannitergüter Burlage und Langholt in das jetzt zweimal durchdämmte Fehntjer- oder Rhaudermeer herabfließt und an einer Stelle im Fehntjer Meer eine schwach mineralische Quelle hat, wie sich eine solche auch beim Reilstift befindet. Die Radde fließt von der „Malmöle“ aus dem Rhauder-Osterhörner Meer in den „Neuschloot“ unmittelbar unter Rhaude bei dem mit einem alten „Eingel“ umgebenden Platz des A. Follrichs vorbei und von der unter der Holter Brücke hin durch das große Sieltief in die Sagelter Ems. In diese Radde geht auch die an der alten Rhauder Schanze vorbeifließende „Landwehr“, deren Name wohl von den militärischen Schutzpunkt daselbst herrührt. Aus welchen Gründen diese Radde noch nicht hat begradigt werden können, kann ich nicht angeben.
 

Reiheschule und Reihetische in Ostfriesland – 1889
Als Schulgehilfe musste ich in hergebrachter Weise – nur fragte mich niemand in welcher? – Schule halten und in dieser Arbeit erst Hochdeutsch sprechen lernen; nebenbei musste ich täglich die Gänsefedern meiner Schüler schneiden, die Betglocke schlagen, sonnabends „beiern“ (mit der Turmglocke), dass mir vor Frost jahrelang die Hände schwollen, und sonntags die Orgel spielen, auch wohl die Abendmahlsgeräte besorgen und dergleichen. Mein erster Prinzipal war alt und kränklich und ließ mich 15jährigen die ersten Stunden des Morgens unter 120 Schulkindern, Knaben und Mädchen, von 6 – 15 Jahren, allein wirtschaften. Dann kam er, gewöhnlich in Pantoffeln oder Holzschuhen, mit der Morgenpfeife im Munde und mit der warmen Nachtmütze auf dem Kopf herein, um zu sehen, ob alles „in Ordnung“ sei, d.h. ob sich die großen Jungen nicht balgten, die Kleinen nicht schrieen und die Mädchen sich nicht überlaut zankten.

Das Pfarrhaus im Moor – 1889
Als wir ein gut Stück gefahren waren, konnte ich meine Neugier nicht mehr bezwingen, ich musste die dicken Hüllen, die über den Ausguck des ziemlich hohen, halboffenen Wagens des entgegenkommenden Regens halber gehangen waren, ein wenig lüften, um von Gegend und Wetter etwas zu sehen. Wie erstaunte ich, als rechts und links vom Wege, den wir fuhren, große, weite Wasserflächen waren, aus denen ab und zu Bäume und Sträucher hervorragten. Welch mächtige Seen dachte ich bei mir, zwischen denen sich die Landstraße wie ein Damm hinzieht. Wie bewegt war das Wasser bei diesem Sturm, denn Sturm, nicht nur Wind, war es, der mich hier empfangen hatte, Nordwind, so heftig wie man ihn im Binnenlande kaum kennt. Und jetzt begann ich ununterbrochen Ausschau zu halten nach allen Seiten hin, ich wollte sehen, wann das Ende dieser mächtigen Landseen käme. Nun, ich sollte lange warten, bald schien es mir, als würden sie seichter, und schmale Landstreifen tauchten auf wie kleine Inseln. Sonderbare Seen dachte ich.

Bilder aus Rhauderfehns Vergangenheit – 1915
Zur sogenannten „niederen“ Geistlichkeit zählte sich Laurenz, der bei nicht völlig im Verstande im Hauptamt Kirchendiener, im Nebenamt „Biesjager“ (um Bettler über die Grenze zu schicken), zu alten Zeiten mit seiner Gattin Janna Insasse des Armenhauses war. In seiner Eigenschaft als Kirchendiener klopfte er am Sonntagmorgen an das Fenster des Pastorenhauses, um stotternd anzukündigen: „Hä (der Pastor) kann man komen“. Als er einst in seinem Eifer zur Wahrung der Ruhe in der Kirche selbst zu laut wurde und der Pastor meinte: „Laurenz, sachte, nicht so foss!“ konnte er in seinem verletzten Ehrgefühl mit vielem Stottern hervorbringen: „Pastor, dar was’n Katte (Katze) in de Karke“.